Gazette Dezember 2019 | CURAVIVA Bildung

Bildung gazette  |  Dezember 2019  |  3 Unser Thema > Fortsetzung von Seite 1 mit körperlichen Einschränkungen um. Zudem vermit- teln sie Geborgenheit, wenn jemand den Schlaf nicht findet oder aus einembösen Traum erwacht. Eines sei vorweggenommen: Heute Nacht werden sie mit fast all diesen Themen konfrontiert. Vorfreude hält wach Kaum haben die Nachtwachen ihre Taschen im offenen Büro zwischen den Eingangstüren derWohngruppen deponiert, kommt Alois K.* im Pyjama angeschlurft. Was er wortreich erzählt, ist für Aussenstehende schwer zu verstehen. Doch Franziska Poffet, welche schon gestern Nacht im Einsatz stand, weiss genau, wovon er spricht. Morgen verreist Alois K. ins Lager. Er freut sich. Aber er ist auch aufgewühlt. An Schlaf ist vorläufig nicht zu denken. Vorteil Regelmässigkeit Nach und nach verabschieden sich die Mitarbeiten- den der siebenWohngruppen imNachtwachebüro. Ihr Abenddienst endet um 22.15 Uhr. Die Übergabe­ gespräche und die Infos im internen Teilhabe-Net ge- ben wichtige Hinweise für die Nacht. Cornelia Moser arbeitet seit 19 Jahren im Tannacker, seit vier Jahren im Nachtdienst. Franziska Poffet ist seit zehn Jahren im Nachtwacheteam, welches momentan zehn Per- sonen umfasst. Dass die beiden Frauen nachts arbei- ten, hat unterschiedliche Gründe. Cornelia Moser wünschte sich mehr Ruhe für ihr Privatleben. Sie wechselte in den Nachtdienst, fühlt sich heute durch die Regelmässigkeit der Arbeit entlastet und geniesst es, weiterhin für die vertrauten Menschen da zu sein. Franziska Poffet hat lange in einem Altersheim gear- beitet und suchtemit gut fünfzig nochmals ein neues Tätigkeitsfeld. «Ich bin ohnehin eine Nachtschwär- merin und gehe oft spät zu Bett. So habe ich mich auf die ausgeschriebene Stelle im Nachtdienst des Tann­ ackers beworben», sagt sie. Zur Ruhe führen Der Pager surrt. Das wird noch oft der Fall sein in die- ser Nacht. Je nach individueller Situation haben die Bewohnenden eine Klingel, einen Geräuschmelder, eine Trittmatte, einen Türalarm oder eine Epilep- sie-Matratze. CorneliaMoser macht sich auf durch das Gewirr der abgedunkelten Gänge. Eine Bewohnerin im Grundgeschoss hat geklingelt. Sie ist jetzt bereit fürs Bett, hat aber noch viel zu erzählen. Geduldig hört die Nachtwache zu. Schliesslich kann die Bewohnerin loslassen und schlüpft unter die Decke. Cornelia Mo- ser weiss genau, bei wem sie das Licht brennen lassen muss und wo die Zimmertüre sperrangelweit offen bleiben soll. Privatsphäre respektieren Franziska Poffet ruft derweil am Computer das Teilha- be-Net auf und liest sich kurz ein.Viel Zeit bleibt nicht. Die erste von vier offiziellen «Runden» steht an, auf welchen die Nachtwachen an sämtlichen Zimmern vorbeigehen. Das hausinterne Konzept der Funktiona- len Gesundheit, bei welchem die Teilhabe an norma- len Lebenssituationen im Zentrum steht, gilt auch nachts. Es beinhaltet unter anderem, dass die Nacht- wachen die Privatsphäre der Bewohnenden respektie- ren und keinen Kontrollgang durch sämtliche Zimmer machen, sondern teilweise nur ihr Ohr an dieTür legen. i Hilfreiche Informationen undWeiterbildungen zum Thema Dienst- und Einsatzplanung finden Sie in der HR-BOX: www.bit.ly/hrbox_einsatzplan

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