Gazette September 2019 | CURAVIVA Schweiz

4  |  Bildung gazette  |  September 2019 In der Hälfte des Berufslebens «Mit über 40 ist der Zug noch lange nicht abgefah­ ren», sagt Martin Frey (Jg. 1969) aus Zürich. «Wir haben in der Schweiz ein gutes Sys­ tem für den Quereinstieg in einen anderen Beruf.» Das gelte es zu nutzen. Frey hat es getan. Vor fünf Jahren entschied er sich, etwas Neues zuwagen. Er begann bei der 24h-Kita der Stadt Zürich ein Praktikum und erhielt danach einen Ausbil­ dungsplatz. «Die Stadt hat mich sehr unterstützt. Sie sucht Quereinsteiger, die Lebenserfahrung mitbrin­ gen.» Nun steht er kurz vor Abschluss seiner vierjäh­ rigen Ausbildung als Kindererzieher HF. Die Diplom­ arbeit ist eingereicht, nach den Sommerferien stehen die schriftlichen Prüfungen an. «Anschliessend Prä­ sentation und Verteidigung der Arbeit, dann – Holz anfassen! – habe ich es geschafft», sagt er Anfang Juli. Nach einer Lehre als Gärtner und Zusatzlehre als Flo­ rist arbeitete er 28 Jahre auf diesen Berufen. Vieles daran liebte er. «Dochmit der Zeit hatte ich das Gefühl, alles schon x-mal gesehen zu haben. Das Bedürfnis nach etwas Nachhaltigerem wuchs.» Mit 44 habe er eine Auslegeordnung vorgenommen. «Ich sagte mir: Du befindest dich in der Mitte des Berufslebens.» Da liege einWechsel noch lange drin. Für ihn war immer klar: «Wenn ich das mit den Blumen gesehen habe, kommt einzig eine Arbeit mit Kindern in Frage.» Denn als Jugendlicher in der Jungwacht oder später beim Hütedienst bei seinen Geschwistern: «Einen guten Draht zu Kindern hatte ich immer.» Ein Freund lud ihn zum Schnuppern in einer Kita ein. Dabei wurde ihm klar: «Das ist es, was ich will.» Er informierte sich über Ausbildungsmöglichkeiten und suchte einen Prakti­ kumsplatz. Knackpunkt: Zeit und Geld Mittlerweile habe sich sein Aufgabenfeld bei der Ar­ beit erweitert, sagt Martin Frey. «Ich habe andere Aufgaben als zu Beginn.» So macht er heute viel Elternarbeit. Zu verdanken hat er das zum einen der Ausbildung, zum anderen seiner breiten Berufspraxis. «Ich profitiere von meiner jahrelangen Erfahrung im Umgang mit Kundschaft.» Noch keinen Tag habe er seinen Ent­ scheid bereut, sagt Martin Frey.Mit Kin­ dern über Kleinigkeiten staunen, ihre Unvoreingenommenheit, das mache den Beruf aus. Aber auch: «Ihr Quen­ geln aushalten.» Letztes müsse einem gegeben sein. Die Schule werde er ebenfalls in guter Erinnerung behalten. «Klar, gab es Momente, in denen ich an meine Leistungsgrenze stiess.» Dann etwa, wenn gleich zwei Arbeiten innert kurzer Zeit abzugeben waren «und ich nicht wusste, wie ich das schaffen soll». Zu schaffen machten ihm vor allem die Aspekte Zeit und Geld. Die berufsbegleitende Ausbildung stellt hohe Anforderungen. «Freunde müssen da oft hinten­ anstehen.» EinVorteil sei für ihn, dass sein Partner am Samstag arbeite – so könne er diesen Tag für Schul­ arbeiten nutzen. Und eben, das liebe Geld: «Manmuss den Gürtel enger schnallen.» Das sei nicht einfach, zumal wenn man einen gewissen Standard gewohnt sei. Obwohl er keine eigenen Kinder habe, spüre er, wie sehr Zeit- und Geldmangel einschränken. Andere treffe es aber noch härter: «Eine Studienkollegin mit kleinen Kindern musste ihre Ausbildung deswegen abbrechen.» Wichtig sei auch, dass sein Partner das Projekt mitge­ tragen habe. «Für ihn bedeutete es ebenfalls eine grosse Umstellung.» Bald sind die Einschränkungen vorbei. Ihnen zum Trotz beteuert Martin Frey: «Ich kann es nur empfehlen.»Wer mit demGedanken spie­ le, eine Ausbildung in Angriff zu nehmen, dem sage er: «NimmdenMut zusammen und pack die Chance!» i Wie lassen sich Mitarbeitende fördern? Was macht eine gute Laufbahnplanung aus? Welche Möglichkeiten zu Aus- undWeiterbildung gibt es? Und welches sind die Finanzierungsmöglichkeiten? In der «HR-Box» finden Sie viele nützliche Informationen zum Thema: bit.ly/hrbox_karriere

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