Gazette März 2020 | CURAVIVA Schweiz

Bildung gazette  |  März 2020  |  5 Unser Thema Praxisbeispiel 1 Das barrierefreie Openair Bunt, beherzt und barrierefrei: Mit grossem Erfolg haben fünf Studen- tinnen der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik Luzern hsl den Musikevent FARBIG auf die Beine gestellt. Die angestrebte Inklusion zu erreichen, war jedoch herausfordernd. Nicole Suter, Sabrina Hotz, Anja Näf, Nicole Achermann und Vera Wild stu- dieren an der hsl im letzten Ausbil- dungsjahr Sozialpädagogik. In ihrer Freizeit besuchen sie gerne Festivals, geniessen die lockere Stimmung und die Zeit mit Freunden. Menschen mit körperlicher, geistiger oder Sinnes­ beeinträchtigung haben sie an solchen Anlässen selten getroffen. «Was für uns selbstverständlich ist, ist für Menschen mit einer Beeinträchtigungmit grossen Hürden verbunden», sagt Vera Wild. Angefangen bei Plakaten, die für Men- schen mit einer Behinderung teilweise schwer verständlich sind, bis hin zum matschigen Festivalgelände, auf dem sich Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhl- fahrer nicht selbstständig bewegen können. «Obwohl Inklusion in aller Munde ist, sind wir im Alltag oftmals weit davon entfernt», ergänzt Nicole Achermann. Am Leben teilhaben Das wollten die Studentinnen ändern. Im Rahmen einer Projektarbeit an der hsl setzten sie sich das Ziel,einenMusik­ event zu organisieren, der für alle offen ist und niemanden ausschliesst. Auf der Bühne sollten Bands mit und ohne Be- einträchtigung spielen. Das Publikum sollte bunt durchmischt sein. Daher der Name FARBIG. Bei der Organisation hatten sie stets das Ziel der Inklusion vor Augen. «Es ging uns nicht einfach darum, Menschen mit Beeinträchti- gung etwas Gutes zu tun, sondern um die gleichberechtigte Teilhabe aller», so Nicole Achermann. In der Vorberei- tungsphase holten sich die Studentin- nen Rat bei Betroffenen, unter anderem interviewten sie den Rollstuhlaktivist Jahn Graf. Sie fragten bei ähnlichenVer- anstaltungen nach, beispielsweise beimWildwuchs Festival, einem Label- träger von «Kultur inklusiv». Und sie machten sich selber viele Gedanken über Inklusion und Partizipation. Knappes Budget bremst Am 1. September 2019 ging der Musik­ event in der Beach Bar Nottwil über die Bühne. Zu hören waren die Country-Band «Music Cooperation», die «Ho- ra’Band», in der auch Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung mitspielen, das «Brändi-ChörliWillisau» mit Menschen mit einer geistigen Be- hinderung und die Acapella-Gruppe «Vocabular». Mit 150 Gästen war FARBIG ein toller Erfolg. Nebst Stolz schwingt bei den Organisatorinnen auch Selbstkritik mit. Aufgrund der kur- zenVorbereitungszeit und des knappen Budgets mussten sie bezüglich Partizi- pation gewisse Abstrichemachen. Zwar wurden verschiedene Betroffene als Ex- perten umRat gefragt, imOK selbst war jedoch niemandmit einer Beeinträchti- gung eingebunden. Und obwohl die fünf Frauen einen enormen Effort für die Spendensuche leisteten, war bei- spielsweise das Aufschalten einer bar- rierefreienWebsitemit Vorlesefunktion schlicht zu teuer. «Wir haben hautnah erfahren, dass die Finanzierung oft ein Grund dafür ist, warum Inklusion in der Gesellschaft scheitert», so Vera Wild. Dennoch überwiegt das Positive: «Wir haben mit unserem Projekt Berüh- rungsängste abgebaut, Denkanstösse gegeben und einen kleinen Beitrag zur Inklusion geleistet.» Bleibt zu hoffen, dass diese Idee viele Nachahmer und Nachahmerinnen findet. www.farbig-event.ch Astrid Bossert Meier

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