Gazette September 2019 | CURAVIVA Schweiz
6 | Bildung gazette | September 2019 Wie viele Studierende beziehungsweise Kursteilnehmende über 40 Jahre sitzen bei Ihnen im Unterricht? Marylène Renggli: Wir führen keine Altersstatistik. Je nach Weiterbildungsangebot gibt es Lehrgänge, die mehrheitlich von jüngeren Personen besucht werden, und andere, die bis zu 50 Prozent über 40-jährige Teil nehmende aufweisen.Weil Weiterbildungen oftmals nach einigen Jahren Berufsausübung in Angriff ge nommen werden, haben wir tendenziell eine eher rei fere Klientel. Roland Zihlmann: In der Höheren Fachschule für Sozial pädagogik hsl liegt der Anteil der über 40-Jährigen tiefer, im Schnitt knapp unter zehn Prozent. Das hängt wahrscheinlich mit dem in tensiven Studium von drei bezie hungsweise vier Jahren zusammen. Ganz grundsätzlich erachte ich es als wertvoll, auch ältere Studierende in der Klasse zu haben. Was erleben Sie denn als beson- ders positiv? Roland Zihlmann: Ganz allgemein die breite Lebens- und Berufserfah rung in unterschiedlichen Arbeits feldern, was die Diskussionen berei chert.Meist sind ältere Studierende auch etwas gelassener. Natürlich wollen auch sie eine Prüfung beste hen. Aber das Leben hat sie gelehrt, dass die Welt wegen einer verpatz ten Prüfung nicht untergeht.Zudem spüre ich eine grosse Offenheit und Neugierde gegenüber den Unterrichtsthemen. Marylène Renggli: Ältere Kursteilnehmende geben ei ner Gruppe oftmals Stabilität, eine gewisse Ruhe. Sie interessieren sich für die verschiedenen Themen und bringen sich aktiv ein. Im Zentrum steht der Inhalt, nicht das angestrebte Zertifikat. Die Jüngeren können von den Erfahrungen der Älteren profitieren. Es gibt aber auch Themen, wo es umgekehrt ist. Wovor haben ältere Studien- oder Kursteilnehmen- de am meisten Respekt oder gar Angst? Marylène Renggli: Man kann nicht pauschalisieren. Zu uns kommen über 50-Jährige, die sich in ihrer Berufs laufbahn immer weitergebildet haben. Die sind sehr entspannt. Andere haben seit ihrer Grundbildung kei ne grössere Ausbildung mehr in Angriff genommen. Der Gedanke an schriftliche Arbeiten, mündliche Prü fungssituationen oder das Bedienen der elektroni schen Lernplattform bereitet manchen grosse Angst. Hier bin ich als Kursleiterin gefordert. Oftmals ist das nämlich mit einem deutlich höheren Beratungs- und Begleitaufwand verbunden. Roland Zihlmann: Zumindest im technischen Bereich kann man Vorarbeit leisten. EinWord- oder Excelkurs sollte unbedingt vor Studienbeginn absolviert wer den, falls man hier Lücken hat. Wir informieren unse re hsl-Studierenden drei Monate vor Ausbildungsbe ginn schriftlich über die Herausforderungen eines Studiums. Wir raten ihnen, Freunde zu informieren, sichmit Partner und Kindern gut zu organisieren.Wer unsere Hinweise zum Studienbeginn befolgt, hat viel Haben Ü40-Kursteilnehmende mehr Mühe? Sind sie unflexibel und stur? Weit ge- fehlt. Für Roland Zihlmann von der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik und Marylène Renggli von CURAVIVA Weiterbildung sind ältere Studierende vor allem eines: wertvoll. Herausforderungen gibt es trotzdem. «Ältere Studierende sind ein Gewinn»
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