Gazette September 2019 | CURAVIVA Schweiz

14  |  Bildung gazette  |  September 2019 Ohr. «Auch soziale Institutionen brauchen Leute mit betriebswirtschaftlichem Know-how», sagte er sich. «Ich könnte mein Wissen in diesem Bereich einbrin­ gen.» Die Laufbahnberatung bei CURAVIVA bestärkte ihn darin, den Schritt zu wagen. Vom Banker zum Praktikanten So wurde der Banker zum Praktikanten in einem Solo­ thurner Altersheim. Der Schnuppermonat sollte Klar­ heit über die berufliche Zukunft bringen. «Ich hatte mich ja schon in Altersheimen bewegt. Doch frühmor­ gens vor einer fremden Dame im Nachthemd zu ste­ hen und ihr beim Waschen zu helfen, das war eine spezielle Erfahrung.» Die Analyse nach vier Wochen Praktikum: «Ich bin nicht der Richtige, um amBett der Bewohnenden zu arbeiten. Doch der Alltag eines Hei­ mes, die Prozesse, die Strukturen, das fand ich span­ nend.» 2007 entschied Daniel Sturm, die Ausbildung zum Institutionsleiter zu absolvieren. Dann bewarb er sich beim Verein Sommerau in Rümlingen BL auf die neu geschaffene Stelle des Geschäftsführers. Und er wurde gewählt. Der Verein führt mehrere Einrichtun­ gen: dieTagessonderschuleTandem für Primarschüler in Reinach BL (23 Plätze), das Schulinternat Sommerau für Primarschüler (32 Internats- und 24 Schulplätze) sowie eine Tagessonderschule in Rümlingen BL (6 Plätze) und seit August 2019 neu die Tagessonder­ schule Mofa für Sekundarschüler I in Birsfelden BL (12 Plätze). Von distanziert zu sehr nahe «Es ist eine andere Welt. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich in dieser Welt sein darf», bilanziert Daniel Wirtschaftsmann mit über­ raschenden Seiten Daniel Sturm machte als Banker Karriere bis hoch in die Teppichetage, wo die Luft dünn und die Konkurrenz gross ist. Heute ist er Geschäftsführer eines Vereins, der Institutionen für verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche betreibt. Hier ist der Alltag wild undmanch- mal schwierig. Wer Daniel Sturm (49) in eine Schublade stecken will, scheitert. Er ist nicht der Ex-Banker, der seinem alten Leben den Rücken kehrte. «Ich bin kein Aussteiger, eher ein Einsteiger. Ich bin der Missionar für betriebs­ wirtschaftlicheThemen und predige Rentabilität oder Produktivität.» So abgebrüht, wie das klingt, ist der diplomierte Betriebsökonom jedoch nicht. Die Ge­ schichten der Kinder und Jugendlichen in der sozial­ pädagogischen Institution Sommerau, deren Ge­ schäftsführer er seit elf Jahren ist, berühren ihn. «Ich lernte hier eine Lebenswelt kennen, von der ich mir als Banker gar nicht vorstellen konnte, dass es sie überhaupt gibt: Eltern mit Suchtproblematik, psy­ chisch krank, arbeitslos. Familien, die wirklich ums Überleben kämpfen müssen.» Vom Unternehmersohn zur Bank A ufgewachsen ist Daniel Sturm in einer gutbürgerli­ chen Familie an der Basler Stadtgrenze. Die Mutter war Familienfrau, der Vater Unternehmer. Mit zwölf las er die «Bilanz» und die «Handelszeitung» und wusste, dass er Banker werden wollte. «Hohes Anse­ hen, guter Lohn und man darf beim Arbeiten eine Krawatte tragen. Ich dachte, das muss ein rechter Be­ ruf sein», sagt er und schmunzelt über seine damalige Arglosigkeit. Bei der Basellandschaftlichen Kantonal­ bank absolvierte Daniel Sturm die Ausbildung zum Bankkaufmann, sammelte danach bei anderen Ban­ ken Erfahrung. Er machte einen Abschluss als diplo­ mierter Betriebsökonom FH, später einen Master of Business Administration an der HSG St. Gallen. Zurück bei der Basellandschaftlichen Kantonalbank, stieg er die Karriereleiter hoch, bis er als Stabschef die rechte Hand des CEO war. Vom Aufsteiger zum Zweifler Alles lief wie am Schnürchen. Der Jobwechsel zum Verband Schweizerischer Kantonalbanken erfüllte sei­ ne Erwartungen jedoch nicht. Statt zukunftsweisende Projekte umzusetzen, mühte er sich mit Vernehmlas­ sungen zu Gesetzesvorlagen ab. Das war der Zeit­ punkt, in dem er in seinem Leben eine Auslegeord­ nung machte. Zurück zur Bank? Richtung Beratung? Oder eine ganz neue Branche? Schon länger besuchte Daniel Sturm als Mitglied seiner Kirchgemeinde Men­ schen in Altersheimen und schenkte ihnen ein offenes

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