Gazette Dezember 2019 | CURAVIVA Bildung
8 | Bildung gazette | Dezember 2019 arbeitet, erhält einen Lohnzuschlag von 25 Prozent. Bei 25 und mehr Nächten gibt es einen Zeitzuschlag von 10 Prozent («Ausgleichsruhezeit»). Gehen wir davon aus, dass jemand als Nachtwache in einer Institution arbeitet und meist einige Stunden schlafen kann. Ist dieser «Dienst auf Abruf» voll bezahlt oder nur dann, wenn es zum Einsatz kommt? Für den Bereitschaftsdienst als eigentlichen Arbeits- einsatz (nicht Pikett in der Freizeit) ist kein voller Lohn geschuldet. Im Vertrag oder Reglement sollte eine möglichst klare Regelung getroffen werden, was an Pauschalen und/oder Stundenlöhnen bezahlt wird. Dabei sind verschiedene Varianten denkbar. Es gilt weitgehend Vertragsfreiheit. Dürfen Schwangere Nachtarbeit leisten? Und gibt es auch für ältere Mitarbeitende oder Auszu bildende besondere Bestimmungen? Für ältere Arbeitnehmer gibt es keine Sonderrechte, ausser dass sie jedes Jahr statt nur alle zwei Jahre auf Kosten des Arbeitgebers eine ärztliche Untersuchung vornehmen lassen dürfen. Schwangere hingegen ha- ben in den acht Wochen vor dem Geburtstermin ein Beschäftigungsverbot zwischen 20 und 6 Uhr. Für Ju- gendliche unter 18 Jahren ist Arbeit ab 23 Uhr eben- falls grundsätzlich verboten. Nur für Lernende in ge- wissen Berufen wie FaGe, FaBe oder EBA Gesundheit und Soziales bestehen Ausnahmebestimmungen. Führt die Nachtarbeit eigentlich oft zu rechtli- chen Streitigkeiten? Und was raten Sie Mitarbeiten- den, die sich ungerecht behandelt fühlen? Obwohl relativ viel Nachtarbeit geleistet wird, sind Streitigkeiten vor Gericht selten. Als Anwalt rate ich, nur im Notfall den beschwerlichen und teuren Gerichtsweg zu beschreiten. Viel besser ist es, wenn mit dem Betrieb geeignete Lösungen gefunden wer- den können – oder an einer besser passenden Arbeits- stelle. Florence Parmiggiani Was versteht man unter Nachtarbeit? Und was ist der Unterschied zur Abendarbeit? Arbeitszeiten zwischen 20 und 23 Uhr gelten als Abend- arbeit. Nachtarbeit bezieht sich auf die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr. Betriebe können diesen Zeitraum maximal um eine Stunde vor- oder nachverschieben. Während es für Abendarbeit nur aus- nahmsweise Einschränkun- gen gibt (etwa für Jugendli- che oder Schwangere), ist Nachtarbeit grundsätzlich verboten. Nur wenn eine Be- willigung für den Betrieb oder eine Ausnahme für die Branche sowie die Zustim- mung der betroffenen Mit- arbeitenden vorliegen, darf im Nachtzeitraum gearbei- tet werden. Ein konkretes Beispiel: Jemand leistet sehr gerne Nachtarbeit, am liebsten so viele Nächte hinter einander wie möglich und danach eine längere Arbeitspause. Darf man das individuell mit dem Arbeitgeber regeln? Das Arbeitsgesetz ist zwingend einzuhalten;man darf selbst mittels Vereinbarung nicht davon abweichen. Tagsüber sind für die Arbeit in Heimen bis zu sieben Tage am Stück zulässig. Bei der dauerhaften Nacht arbeit besteht hingegen ein Maximum von sechs in- nerhalb von neun aufeinander folgenden Nächten. Ein längerer Zeitraum ist nur für explizite Ausnahmefälle möglich. Muss eine Institution den Nachtwachen zwin- gend Lohn- und Zeitzuschläge gewähren? Und wie hoch sind diese Zuschläge? Für Sonntags- oder Abendarbeit in Heimenmuss nach Gesetz kein Lohnzuschlag bezahlt werden. Ein Zu- schlag ist jedoch für die Zeit zwischen 23 und 6 Uhr zwingend geschuldet. Dabei wird in zwei Kategorien unterteilt:Wer weniger als 25 Nächte pro Kalenderjahr Bei Streitigkeiten erst das Gespräch suchen Nachtarbeit ist imArbeitsgesetz und in den dazugehörenden Verordnungen geregelt. Je nach Arbeitgeber kommen weitere Vorschriften dazu. Trotzdem sorgt Nachtarbeit immer wieder für Diskussionsstoff. Unser Thema Lic. iur. Christian Streit ist Fürspre- cher und Rechtsanwalt und be antwortet für CURAVIVA Schweiz die Fragen der Mitglieder. Für CURAVIVA Mitglieder sind Beratun- gen im Umfang bis zu 20 Minu- ten kostenlos. rechtsberatung@curaviva.ch i Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) hat ein umfangreiches Dossier zur Nachtarbeit zusammengestellt: www.bit.ly/SecoNachtarbeit
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